Hallo Sandra. "Tu j’aime la vie" après le Concours Eurovision de la Chanson?

(Lacht) Natürlich habe ich mein Leben nach dem Eurovision Song Contest geliebt. Allerdings war das auch schon vorher so, ich hatte eine sehr glückliche Kindheit. Aber klar. Nach dem Sieg damals, 1986 in Bergen war ich noch glücklicher als zuvor.

Der Gewinn beim Eurovision Song Contest ist nun genau 30 Jahre her. Wie fühlt es sich heute an?

Es fühlt sich immer noch so an wie damals… nein, ich mache nur Spaß. Aber ich bin immer noch wahnsinnig glücklich darüber. Für Belgien war das damals etwas ganz besonderes. Und ist es immer noch. Es war der erste Sieg meines Landes beim Eurovision Song Contest überhaupt. Darauf bin ich sehr stolz und glücklich. Ich werde "J’aime la vie" wohl für den Rest meines Lebens singen (lacht).

Hast du damals mit dem Sieg gerechnet, oder kam dies eher überraschend?

Nein, ich habe auf keinen Fall mit dem Sieg gerechnet. Aber meine Begleittruppe schon. Mein Manager und alle Belgier die damals in Bergen vor Ort waren. Die haben daran geglaubt. Aber ich nicht. Ich war ein wenig schüchtern damals. Ein junges Mädchen, das in erster Linie glücklich darüber war überhaupt dabei zu sein. Daher hab ich keinen Gedanken daran verschwendet, dass ich gewinnen könnte.

Vielleicht ist das die beste Art zu gewinnen.

Ja, vielleicht. Das ist gut möglich. Womöglich war es auch die Unbeschwertheit, die ich damals ausstrahlte.

Stimmt es, dass du damals in Bergen sehr viel Eiscreme gegessen hast? Und magst du immer noch Eiscreme?

Ja, ich liebe Eiscreme noch immer. Natürlich. Kurz bevor wir nach Norwegen aufgebrochen sind, wurde ein Foto von mir veröffentlicht, auf dem ich gerade Eis esse. Danach kam jeder zu mir, hat mir Eiscreme gebracht und gefragt: "Kann ich davon ein Foto machen?". Und ich habe nie nein gesagt und geantwortet: "Ja, natürlich". Ich liebe Eis. Vielleicht kommt das auch daher, dass ich Italienerin bin. Und die Italiener machen das beste Eis der Welt (lacht).

Haben deine Mitbewerber in Bergen dich als ernsthafte Konkurrenz betrachtet, oder haben sie dich eher belächelt? So nach dem Motto: "Sie ist ein nettes, kleines Mädchen". Warst du, nach deinem Gefühl, mit ihnen auf einer Ebene?

Nein, sie haben mich nicht auf derselben Ebene gesehen. Da bin ich mir ziemlich sicher. Ich war 13 Jahre alt. Sie haben mich eher als kleine Schwester betrachtet. Nicht als ernsthafte Konkurrentin.

Also haben deine Konkurrenten nicht damit gerechnet, dass du gewinnen könntest?

Sie hatten Angst vor mir. Das Gefühl hatte ich jedenfalls. Wann immer meine Konkurrenten nach mir gefragt wurden, antworteten sie zwar: "Sie hat ein schönes Lied. Vielleicht wird sie gewinnen". Für mich klang das leider nicht immer authentisch. Aber dennoch, ich gewann.

Stimmt das Gerücht, dass die Schweizer Delegation um die Sängerin Daniela Simons deine Disqualifikation gefordert hat wegen deines jugendlichen Alters?

Das höre ich heute zum ersten Mal… Vielleicht stimmte es ja. Ich habe keine Ahnung… Bitch (lacht).

Ist es schwer für dich nur auf dieses eine Lied reduziert zu werden, mit dem du vor 30 Jahren den Eurovision Song Contest gewonnen hast? In Belgien hattest du noch Hits nach "J’aime la vie". Aber in Europa kennt diese Lieder so gut wie niemand.

Ich denke, das ist normal, dass man in Europa eben nur "J’aime la vie" von mir kennt. Das ist schließlich mein Siegerlied. Aber das ist in Ordnung so. Ich hatte, wie du bereits erwähnt hast, einige Hits in Belgien. Das ist doch gut, oder nicht? Besser mit einem Song, als mit gar keinem (lacht).

Singst du "J’aime la vie" immer noch gerne?

Oh ja, jedes Wochenende… Nein, ich mache Spaß. Es ist nicht mein absolutes Lieblingslied aus meinem Repertoire. Es ist ein bisschen speziell für mich "J’aime la vie" zu singen (ihr Ehemann aus dem Hintergrund genervt: "Ich glaube, ich habe das Lied bestimmt schon eine Million Mal gehört").

Kannst du etwas über deine Karriere nach dem Eurovision Song Contest erzählen? Wie ging es in Belgien danach für dich weiter?

Da ist noch einiges passiert. Ich habe sechs Alben aufgenommen. Außerdem hatte ich eine eigene Musiksendung im belgischen Fernsehen auf RTL TVI. Ich bin in Musicals aufgetreten, unter anderem in "Les Miserables" in Antwerpen. An den Wochenenden werde ich sehr oft für Auftritte gebucht. Eben das Leben einer Sängerin. Nichts Außergewöhnliches, aber es ist in Ordnung so wie es ist.

Das ist in der heutigen Zeit nicht immer einfach sein Geld alleine durch die Musik zu verdienen.

Ja, das stimmt. Manchmal ist es echt schwierig. Besonders in einem kleinen Land wie Belgien. Aber ich kann mich wahrlich nicht beschweren.

Womit verbringst du deine Zeit, wenn du nicht auf der Bühne stehst?

Mein Mann und ich sind sehr viel auf Reisen. Ich verbringe, wenn es die Jahreszeit erlaubt, sehr viel Zeit in unserem Garten. Und Singen natürlich. Singen ist mein Hobby und meine große Leidenschaft. Aber hauptsächlich reisen und neue Kulturen kennen lernen. Das genießen wir wirklich sehr und ist eine enorme Bereicherung in unserem Leben. Daher bin ich dankbar, dass wir die Möglichkeit hierzu haben.

Viele Gewinner des Eurovision Song Contest haben es nach ihrem Sieg noch einmal probiert, sind aber ausnahmslos gescheitert. Außer Johnny Logan natürlich. Hast du es jemals in Erwägung gezogen dein Glück noch einmal beim ESC zu versuchen?

Nein, niemals. Oh la la. Ich wurde zwar gefragt, ob ich es noch einmal versuchen wolle. Aber nein. Ich bin ja nicht Johnny Logan (lacht). Und er hat sogar drei Mal gewonnen. Das wäre keine gute Idee es noch einmal zu versuchen. Ich habe einmal gewonnen, und das genügt mir. Außerdem bin ich nicht so ein großer Fan des Eurovision Song Contest wie ihr es seid. Es hat sich seit damals auch sehr viel verändert. 1986 gab es noch ein großes Orchester. Dies fehlt heutzutage leider. Ich habe mich mit all den vielen Musikern auf der Bühne damals sehr wohl gefühlt. Das wäre heute sicherlich nicht mehr so. Heute zählt in erster Linie der optische Eindruck, und nicht der musikalische. Heute ist alles ein großer "Zirkus". Zu meiner Zeit hat es sich auch mehr um den Text und die musikalische Qualität gedreht. Heute zählt ganz allein die Show. Und das finde ich sehr schade. Meiner Meinung nach waren die Lieder früher besser und eingängiger. Ich kann mich noch an viele ESC-Hits aus den 80er Jahren erinnern. Und so alt bin ich nun auch nicht. Von den neueren Liedern fallen mir, mit Ausnahme vielleicht von Loreen, keine ein, die ich auf Anhieb mitsingen könnte.

1986 debütierte Island beim Eurovision Song Contest, während du gewonnen hast. Im Februar warst du Gast der Vorentscheidung in Reykjavik um das 30-jährige Jubiläum des Landes mitzufeiern. Bist du vorher schon mal auf Island gewesen? Hattest du Zeit dir das Land anzusehen?

Ich war vor 20 Jahren schon einmal hier. Aber aus privaten Gründen. Es war nur ein kleiner Zwischenstopp auf dem Weg nach Kanada. Für gerade einmal einen Tag. Im Februar hatten wir drei Tage Zeit für Sightseeing. Meinem Mann und mir hat es sehr gut auf Island gefallen. Diese wunderschöne Landschaft. Völlig anders, als der Rest Europas. Ich habe mich wirklich gefreut, dass mich das isländische Fernsehen eingeladen hat.

Kannst du dich noch an die Gruppe ICY erinnern, die damals "Gleðibankinn" für Island in Bergen gesungen haben?

Ja, ich kann mich noch sehr gut an sie erinnern. Zwei Jungs, einer davon mit langen roten Haaren. Und eine Frau in silbernem Kostüm. Aber an das Lied selber kann ich mich leider nicht mehr erinnern. Tut mir leid. Aber das ist ja nun auch schon 30 Jahre her. Da darf man so etwas schon einmal vergessen (lacht). Aber es war echt schräg, weil die Sprache in meinen Ohren so außergewöhnlich war. Heutzutage kann jeder Englisch singen. Damals musste eben jeder noch in seiner Landessprache singen. Ich finde es schade, dass das abgeschafft wurde. Aber ich erinnere mich noch sehr gut an den deutschen Beitrag von 1986. Es war ein großartiges Lied. Es war eine Frau… (summt "Über die Brücke geh'n").

Vielen Dank und weiterhin alles Gute.